Unter dem Motto „Wenn zwei (Copiloten) eine Reise tun“ – – – – Ich wechselte die Fronten: am Samstag nahm ich nicht wie gewohnt am „heißen Stuhl“ Platz, sondern griff erstmals selbst ins Lenkrad. An meiner Seite Christoph Friesenegger, der mich bei meinem 1. Einsatz gleich auf´s Podest navigierte.
In den letzten Jahren wurde mir immer wieder die Frage gestellt, ob ich nicht einmal selbst eine Veranstaltung fahren möchte. Dies habe ich stets strikt verneint, den mein Platz ist einfach auf der rechten Seite. Doch wie heißt es so schön? – sag niemals Nie. Und am Samstag war es schließlich soweit: ich pilotierte erstmals ein Fahrzeug bei einer „Rallye ähnlichen“ Veranstaltung. Um es gleich vorweg zu nehmen: es war einfach nur geil……
Nun möchte ich euch aber nicht mehr länger auf die Folter spannen…..
….. begonnen hat es vor ca. 2 Monaten: Christoph Friesenegger, seines Zeichens Rallye-Copilot, teilte mir mit, daß er die „Leiben-Classic Night“ fahren möchte, ihm aber noch ein Co fehlt. Schüchtern wie ich bin, sagte ich ihm gleich ganz verhalten, daß mich eine solch Oldtimer-Gleichmäßigkeitsveranstaltung schon mal interessieren würde – aber sicher nicht als Co (den diese Aufgabe mit Schnitt ausrechnen, und und und – das ist nicht mein Ding), sondern als Fahrer. Christoph, ein Gentleman der alten Schule, setzte sich somit gleich mit dem Veranstalter in Verbindung und ließ die Nennung ändern: somit war ICH als Fahrer genannt. Erst war es mir gar nicht so richtig bewußt, auf was ich mich da eingelassen hab. Denn was sollte schon schiefgehen? – ist doch „nur“ eine Oldtimerveranstaltung. Das krieg ich schon hin. Immerhin ist es ein Gleichmäßigkeitsfahren; da brauch ich nicht wie eine Irre über die Straßen hetzen und Drift´s hinlegen. Man gondelt einfach gemütlich mit einem Oldtimer durch die nächtliche Wachau.
Aber, wie sich später herausstellte …..
Na ja, jedenfalls war es so, daß ich mich Samstag Vormittag mit Christoph in Amstetten traf. Dort lernte ich auch „Wuchtbrumme“ kennen. Sie ist 32 Jahre alt, orangefarben, hat 75 PS und nennt sich Opel Ascona A. Mit diesem Gefährt sollte ich also die Classic bestreiten!
Um mich wenigstens ein bißchen mit Wuchtbrumme anzufreunden, durfte ich den Weg von Amstetten nach Leiben gleich selbst fahren. Oh Gott: bereits beim Anfahren hatte ich meine Probleme. Die Lenkung ging extrem schwer und ich mußte mich mit viel Kraft reinhängen, um die Dame lenken zu können. Als ich dann bei der ersten Kreuzung auf´s Bremspedal stieg, schockte es mich erneut. Um die Wuchtbrumme zum Anhalten zu bringen, reicht es nicht, das Bremspedal nur anzutippen. Dann muß man schon richtig feste reinsteigen…..
….. „das kann ja heiter werden“, waren meine ersten Gedanken.
Als wir in Leiben angelangt waren, machten wir erst die administrative Abnahme und begaben uns anschließend auf die Referenzstrecke. Diese diente dazu, diverese Abstimmungen zu machen und „Schnitt fahren“ zu üben. Gleich da merkte ich, daß es unheimlich schwer ist, auf eine gewissen Distanz einen vorgegebenen Schnitt zu halten. Da muß man schon richtig zügig fahren, um zurecht zu kommen. Aber es beunruhigte mich nicht sonderlich.
Um 14.30 fand im Schloß Leiben die Fahrerbesprechung statt und dort bekamen wir auch das Roadbook. Eine halbe Stunde später stand bereits das 1. Fahrzeug am Start. Wir waren als 16.Team an der Reihe.
Die erste „Schlauchprüfung“ bestand darin, die ersten 30 Meter in 6 Sekunden und die anschließenden 25 Meter in 3 Sekunden zu absolvieren. Das hieß: für 55 Meter hatten wir 9 Sekunden Zeit, wobei nach den ersten Metern und am Ende der Prüfung ein Lichtschranken montiert war.
Wir standen am Start. Witzig, ich war gar nicht nervös. Aber warum auch. Es bestand ja kein Grund dazu: immerhin wollten Christoph und ich uns einfach von der Rallyesaison erholen und Spaß haben. Auch wenn´s ein Wettkampf war, wir nahmen es ziemlich locker….. „Just for Fun“ war unsere Devise.
….. und fuhren gleich die 6.Gesamtzeit! Natürlich waren wir stolz, den immerhin bestand das Teilnehmerfeld aus gut 40 Teams. Darunter namhafte Persönlichkeiten aus der Oldtimer-Szene (Ennstal- und Planai-Classic, Alpenfahrt,…)
Die anschließende Etappe fuhren wir dann ganz normal, ohne Hektik. Wie sich herausstellte, waren wir viel zu „gemütlich“ unterwegs (68 km, Schnitt 47,6!). Zum Start der nächsten Prüfung kamen wir gleichmal mit einer zwei Minuten Verspätung. Das hieß, daß ich auf der nächsten Etappe mehr Gas geben muß… Aber nun stand erstmals die Sonderprüfung an. Wir mußten auf eine Länge von 17 km einen Schnitt von 50!!! fahren (auf der Prüfung gab es versteckte Posten, die dies kontrollierten). Das dies eine schwere Aufgabe wird, merkte ich schon nach den ersten Kilometern, als Christoph neben mir wie ein Böser rechnete und meinte „Gib Gas, wir sind unter dem Schnitt“. Also drückte ich drauf und fuhr doch schon ziemlich zügig. Aber mein Copilot war noch immer nicht zufrieden. „Gib Gas, bleib drauf, wir müssen den Schnitt zusammenkriegen“ hörte ich andauernt von meinem Navigator. Dies artete so aus, daß ich wirklich einen Bleifuß am Gaspedal einsetzte.
Während ich alle Hände voll zu tun hatte, die Wuchtbrumme möglichst zügig aber dennoch sicher über die Straßen zu bringen, leistet mein Copilot Großartiges. Roadbook lesen, Schnitt rechnen, Zeit schauen und mitstoppen …..
….. ich sag euch, das ist wirklich Schwerstarbeit. Es ist wirklich schwierig, auf den Strecken, die sehr kurvenreich und eng waren, durch Ortschaften und Wälder führte (teils mit ziemlich brutalen Schotteranteil) einen vorgegeben Schnitt zu halten. Zusätzlich mußten wir auch mit Regen und Nebel kämpfen. Aufgrund dessen waren auch die Straßen ziemlich schmierig und das Herbstlaub trug auch seinen Teil dazu bei, daß mir gleich mal das Heck ausbrach. Obwohl ich ein bißchen erschrocken war (immerhin bewegte ich zum ersten Mal ein heckgetriebenes Auto. Außerdem war es überhaupt das erste Mal, daß ich sooo Gas gab), mußte ich erstmals voll lachen. Ich fand das so lustig……und drückte das Gaspedal noch mehr……
….. am Ende der Prüfung war Christoph dann sehr zufrieden. Laut unseren Aufzeichnungen hatten wir eine optimale Fahrt hingelegt, der Schnitt paßte. Somit dürften wir wirklich gut dabei sein.
Auch auf der nächsten Etappe und den folgenden Prüfungen ließ ich es so richtig krachen. Zwischendurch meinte ich mal zu Christoph „Mensch, wenn ich gewußt hätte, wie sehr es da zur Sache geht, hätt ich meinen Helm mitgenommen. Das ist doch schon Rallye, was wir da machen, keine Spazierfahrt auf Gleichmäßigkeit“.
Tja, und so düsten wir durch die Wachauer Nacht. Einmal war ich in einer L3 mal kurz neben der Straße „gg“, doch dies tat meinem mittlerweilen erwachten Kampfinstinkt keinen Abbruch. Von Kilometer zu Kilometer „trat“ ich Wuchtbrumme mehr, sodaß sie mir die alte Dame schon richtig leid tat. Immer häufiger ließ ich das Heck kommen und fabrizierte immer öfter´s Drifts. Aber nicht nur Wuchtbrumme tat mir leid, sondern auch Christoph. Ich fragte mich allen Ernstes, ob es ihm wohl genauso viel Spaß macht wie mir (wenn ich ehrlich bin: ich würde mich NIE als Co neben mich setzen).
Gegen 18:30 hatten wir dann eine Sunde Pause und konnten uns am köstlichen Buffet im Schloß stärken, ehe es zum nächsten Abschnitt ging.
Der vorgegebene Schnitt wurde nun erhöht (49,3) und es ging wieder so richtig zur Sache. Mittlerweile spürte ich auch schon meine Oberarm- und Beinmuskulatur: Wuchtbrumme verlangte von mir wirklich vollen körperlichen Einsatz. Während mir das Fahren immer mehr Spaß machte, kämpfte mein Copilot mit Übelkeit (dies lag angeblich nicht an meiner Fahrweise, sondern an einer Lebensmittelvergiftung, die sich Christoph wenige Tage zuvor aufgefangen hatte). Einmal mußten wir anhalten, damit Christoph …. „Luft schnappen“ konnte. Dann ging´s weiter…..
Schließlich hängte sich auch noch ein anderes Team an uns an. Dieses hatte Probleme mit den Scheinwerfern und nutzte unser Licht, um den Weg zu finden. Mich spornte das natürlich an und ab nun ging´s noch hurtiger dahin…….und ich wunderte mich, daß der Hintermann so brav mithalten konnte. Zwar hatte dieser mehr PS, doch ich war ja wirklich nicht langsam unterwegs. In den Kurven konnte ich ihn immer wieder abwimmeln, ehe er auf den Geraden seine Kraft nützte und wieder aufholte. Auf einem Bergabstück (so gegen 23.00) sagte mein Co, daß in 800 Metern ein Linksabzweig kommt. Ich hab diese Distanz wohl a bißerle unterschätzt und hatte dann aufgrund der schmutzigen, rutschigen Straße einen Verbremser und wir rodelten in einen Acker. Ich blieb einfach voll am Gas, lenkte total ein und wir sprangen über die Böschung zurück auf die Straße und weiter ging´s…. auf diesem Abschnitt konnten wir übrigens 5 vor uns gestartete Teams einholen und waren somit vor der nächsten Zeitkontrolle sechs Minuten früher vor Ort. Im Gespräch mit einem einheimischen Teilnehmer erfuhr ich, daß es angeblich unmöglich ist, die Zeit einzuhalten. Obwohl der Kollege die Straßen auswendig kennt, riß er 2 Strafminuten auf. Das hieß, wir waren wirklich gut unterwegs ;-)) – aber ich muß sagen, daß ich auch wirklich am Limit gefahren bin. Ohne Schrieb und Ortskenntnisse ist einfach nicht mehr drinnen gewesen.
Aber wie gesagt, es handelte sich ja um eine „Gleichmäßigkeits-Veranstaltung“ und nicht um Rallye auf Zeit….Wobei es mein Copilot Christoph mit der Aussage „Die Bezeichnung der Veranstaltung, Gleichmäßigkeits-Rallye bezieht sich darauf, gleichmäßig volles Tempo über 370 km“ wohl doch treffend beschreibt.
Die letzte Prüfung war ein Slalom über 120m. Zeitvorgabe 8 Sekunden!!! Um 00.35 Uhr war es für uns soweit. Wir standen am Start…und ich sah nur „Hütchen“. Wie der Kurs verläuft, war mir völlig unklar. Der Tip, daß in der Mitte des Kurses ein ziemlich heimtückisches Eck eingebaut ist, half mir auch nicht viel. Ich wußte nur, daß ich Vollgas geben muß, um die 8 Sekunden einzuhalten. Und dementsprechend fuhr ich dann auch. Und prompt verpasste ich besagtes „Eck“, nahm einen solchen Hut mit. Der Drift sah angeblich gut aus und auch mit den 8 Sekunden dürfte es geklappt haben, aber das nützte mir auch nicht viel. Ich mußte mich dermassen über meinen „Patzer“ ärgern….. (den Hut „suchte“ Christoph übrigens 200 Meter nach dem Ziel und fand diesen auch wieder – er hatte sich unter dem Auto verklemmt. Wir haben ihn sofort den Funktionären zurückgebracht, die anfangs angeblich ziemlich aus dem Häuschen waren).
Tja, somit hätten wir unseren ersten gemeinsamen Einsatz (ohne Kampfspuren an der Wuchtbrumme) beendet. Da sich die Auswertung der Daten (zwei Teams kamen mit 1,5 Std Verspätung ins Ziel – was daraufhin deutet, daß bei dieser Veranstaltung von Fahrer und Auto wirklich alles abverlangt wurde) immens verzögerte, fand die Siegerehrung erst um 3 Uhr statt. Eine ziemlich unchristliche Zeit, wenn man bedenkt, welch Einsatz in den vergangenen Stunden von den Teilnehmern geleistet wurde. So war es nun, daß wir alle schon mit ziemlich müdem Gesicht im Schloß Leiben saßen und auf das Endergebnis warteten. Christoph meinte mal kurz, daß wir eigentlich so um den 20 Gesamtrang liegen müßten, wenn alles gut geht. Den auf den einzelnen Resultaten mußten wir zur Kenntnis nehmen, daß wohl irgendetwas mit unserer Funkuhr nicht gestimmt hat und wir teils Strafpunkte wegen falscher Zeiteinhaltung bekommen haben. Aber ehrlich gesagt war mir das egal: ich war hundemüde, voll streichfähig. Und außerdem hat es so viel Spaß gemacht, daß das Ergebnis für mich ohnedies nebensächlich war. Also hab ich an meiner Cola genippt, halb schlafend am Tisch gelehnt. Schließlich, die Siegerehrung war bereits voll im Gange, merkte ich irgendwie, ganz beiläufig, daß mich der Veranstalter ansah und rüberrief „Guten Morgen Frau Bayer, sind wir schon wach?“ Ich sah mich um und alle blickten an unseren Tisch. Christoph stand auf, ich blickte ihn nur fragend an. Was den jetzt??? Hm, wir müssen raus? Warum den das?….tja, wir hatten den 3.Platz belegt (in der stärkst besetzten Klasse!)…und ich verschlaf das fast, eine Schande!
Nun möchte ich mich auf diesem Weg nochmals herzlich bei meinem Copiloten für die geleistete super Arbeit bedanken und auch dafür, daß er mir seine Wuchtbrumme anvertraut hat. Es hat wirklich irre Spaß gemacht! Ebenfalls ein großes Lob an den Veranstalter (Folki Payrich, Andi Thierer und Anton Hochstöger mit ihren Mitarbeitern), die eine wirklich tolle, wenn auch verdammt anspruchsvolle Veranstaltung, auf die Beine gestellt haben.
Zur Info noch ein kurzer Vergleich: bei der ARBÖ-Rallye Steiermark wurden in 13 Stunden 410 km bewältigt, was einen Schnitt von 31,5 km/h ergibt. Bei der Leiben-Classic Night wurden in 8 Stunden 370 km absolviert, was einem Schnitt von 46,25 entspricht. Und dies, ohne Besichtigung bzw. Streckenkenntnis, sowie bei Nacht und Nebel. Also ein Drittel schneller wie ein Lauf zur österreichischen Rallyemeisterschaft.
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